In Solothurn als Kind italienischer Einwanderer geboren und aufgewachsen, entwickelte sich bei Franco Supino die Liebe zum Schreiben bereits im Jugendalter. Seither reihen sich Kinder- und Jugendbücher, Romane, Hörspiele und Rundfunkerzählungen aneinander. Der biographische Hintergrund bereitete dabei den Weg zu einem literarischen Schaffen, das oft von den Themen Heimat und Migration geprägt ist. Inwiefern wird eine Biographie geformt, wenn der elterliche und der kindliche Heimatbegriff sich nicht decken? Wo ist Heimat zu verorten und was genau bedeutet dieser konkrete und doch so abstrakte Begriff?
In seinem neuesten Roman «Spurlos in Neapel», aus dem Supino den fünften Klassen am astronomischen Frühlingsbeginn in der Bibliothek vorliest, wagt er denn auch ein Gedankenexperiment zu seiner eigenen Biographie: Wie hätte sein Leben aussehen können, wenn er in der Stadt seiner Eltern, in Neapel, gelebt hätte? Dabei zeigt sich, dass auch wenn die Sprachbarriere, das mächtigste Bindeglied im Konstrukt der Heimat, überwindbar ist, es die ungeschriebenen und anarchischen Gesetze dieser Grossstadt nicht sind ─ und auch nie sein werden.
Auch das zweite thematisierte Werk, «Hau ab, Bruderherz», ist ein Gedankenexperiment. Was wäre, wenn die Schweiz nicht mehr zu den reichsten Ländern der Welt gehören würde, was wäre, wenn die Schweiz eine Diktatur wäre, eine Wüste der Perspektivlosigkeit, ein düsterer Ort der Unterdrückung? Wenn junge Menschen unter Gefahren fliehen wollen, einer verheissungsvolleren Zukunft entgegen? Das Buch ist inspiriert von und geschrieben für UMAS, minderjährige Jugendliche im Asylverfahren, die den uns bekannteren Weg, der meist in Afrika beginnt, ohne Begleitung auf sich genommen haben, um in der Schweiz eben dieser Zukunft näher zu kommen.
Neben den Buchbesprechungen gab Supino auch pointierte und anschauliche Einblicke in literarisches Schaffen und in das Verlagswesen, zeigte Wege und Möglichkeiten der Inspiration auf und gab dabei ein erfrischend gelassenes Selbstbild als Schriftsteller ab.